VOID & SOUND

in: Installation » 2019

Galer­ie Kai Erd­mann | Ham­burg

Die zun­ächst leer­en Galer­i­er­äume wer­den über einen länger­en Zeitraum (23.11.19 – 25.01.20) re­gel­mäßig von zeit­genöss­is­chen Künst­ler­Innen klang­lich be­spielt. Sie stel­len sich und ihre Pro­jekte im Rah­men eines Konzerts oder einer Per­form­ance vor und hän­gen, bzw. in­stal­lier­en im An­schluss je­w­eils eines ihrer Werke in der Galer­ie. Der fi­nale, kal­eidoskopis­che Aus­s­tel­lung­szus­tand bleibt dann für zwei Wochen be­such- und er­lebbar. Die ein­zelnen Aufführungen wer­den archiviert und können zusätz­lich in der Galer­ie gesichtet wer­den – so wird die Fin­is­sage zur Ver­n­is­sage.
Per­form­ance: 17.12.2019
Aus­s­tel­lung: 25.01.2020 - 15.02.2020 

Images by Kai Erdmann

Im äs­thet­ischen Konzept des „Ges­amtkunstwerks“ pos­tuliert Richard Wag­n­er Mitte des 19. Jahrhun­derts er­st­mals medi­en­wirk­sam die Au­flösung sämt­lich­er Kun­st­gat­tun­gen. Musik, Tanz, Theat­er, Bildende Kunst und Bühnen­bild kon­nten dem­nach nur in ge­gen­seit­i­ger Ver­s­chränkung Vol­lendung find­en und eine Au­flösung von Bühnen- und Zuschauer­raum, Kunst und Leben er­reicht wer­den. The­or­et­ische und prakt­ische Aus­führungen wie Wassili Kand­in­skys „Farb-Klänge“ gre­ifen sol­che Über­le­gun­gen zu Be­ginn des 20. Jahrhun­derts erneut auf und ver­fol­gen gleich­er­maßen eine ver­änderte Sin­neswahrnehmung in der Ver­schmelzung von Bild, Klang und Be­we­gung. Gleich Dada und Strömun­gen der Av­ant­garde nur wenige Jahre später, knüpfte sich auch Kand­in­skys Vor­stel­lung eines äs­thet­ischen Um­bruchs un­mit­tel­bar an gesell­schaft­liche und polit­ische Neuer­ungen. Prin­zipi­en von Zu­fall, Re­duk­tion und Di­let­tantentum als Form des Auf­begehrens, etablier­en sich dabei zun­ächst in mu­sikalis­chen Erzeugn­is­sen und wer­den für Künst­ler wie Mar­cel Duch­amp oder Làszlò Mo­holy-Nagy zum Weg­weiser und Werkzeug radikaler Ver­än­der­ungen. Auch in den nachfol­genden Jahrzehnten und bis in die Ge­g­en­wart dien­en Musik und bildende Kunst sich fortlaufend als Kata­lys­atoren und betonen ein ex­pliz­ites In­teresse an per­form­at­iven Her­ange­hens­weis­en ebenso wie an kollekt­iver Autorschaft und ver­schieden­en For­men der Zusammen­arbeit und Rezep­tion. Mu­sikalis­che Strömun­gen wie Jazz, Punk und Pop, ebenso wie Techno, New Wave, Min­im­al oder Rap find­en so immer auch par­al­lele Prozesse in der Bildenden Kunst oder wer­den in Form von Band­pro­jek­ten konkret zum Be­st­andteil künst­lerischer Au­s­ein­ander­set­zung. Ins­beson­dere auch in­ner­halb einer jünger­en Gen­er­a­tion find­en sich zahlreiche Beis­piele für eine par­al­lele Aus­übung der ver­schieden­en Medi­en die nur im Zusam­men­spiel ihre Aus­sagekraft ent­fal­ten.

Die Aus­s­tel­lung void & sound in der Galer­ie Kai Erd­mann in Ham­burg gre­ift eine ad­dit­ive Vorge­hens­weise auf und lädt über den Zeitraum von etwa zwei Monat je­w­eils für einen Abend Po­si­tion­en ein, die so­wohl künst­lerisch als auch in den Bereichen von Musik und Ton arbeiten. Während die Sound-Arbeiten in Form von Klang­ex­per­i­menten, Konzer­ten oder Per­form­ances ihrem eph­emer­en Charak­ter ents­prechend immer nur an einem Abend live in der Galer­ie nachvollzo­gen wer­den können, verbleibt als Pen­dent eine künst­lerische Arbeit etwa in Form von Malerei, Skulp­tur, Fo­to­grafie oder Zeich­nung auch über den Auftritt hinaus im Aus­s­tel­lung­s­raum. So er­gibt sich eine im Laufe der Aus­s­tel­lung eine kontinu­ier­lich er­weit­erte Situ­ation, die erst am Abend der Fin­is­sage ihren en­dgülti­gen Ab­schluss er­reicht. Die Struk­tur der Aus­s­tel­lung them­at­is­iert in dieser Hinsicht einen As­pekt von Kunst und Musik zun­ehmend zum Un­ter­hal­tung­s­pro­gramm und kur­z­wei­li­gen Kon­sum in den Sozialen Net­zwerken zu avan­ci­er­en; mit einer Verkauf­sauss­tel­lung in einer Galer­ie, die vorbei ist ehe sie ange­fan­gen hat wer­den dabei (im Sinne eines pro­gram­mat­ischen Di­let­tantentums) gleich­falls die mark­tüb­lichen Struk­turen ab­surdum ge­führt.